PJ-Tertial Chirurgie in Albertinen Krankenhaus (12/2021 bis 4/2022)

Station(en)
A4 (Allgemein- & Viszeral- & Tumorchirurgie), A5 (Gefäßchirurgie)
Einsatzbereiche
Station, Notaufnahme, OP
Heimatuni
Nicht angegeben
Kommentar
Ort/Rahmenbedingungen/Organisatorisches:
Das Tertial wird einem am Albertinen nicht vergütet. Das ist insbesondere bei den Lebenshaltungskosten in Hamburg echt mies. Im Gegenzug wirbt das AKH vor allem mit seinem PJ-Unterricht als "selling point". Außerdem ist das Tertial wie gewohnt für einige eine Möglichkeit, ggf. auf eine Anstellung hinzuarbeiten, die nicht unbedingt unbegehrt ist. Es ist ein mittelgroßes Krankenhaus mit 770 Betten und ca. 1900 Mitarbeitern, was sich in einigen Fachbereichen durch viel Expertise in Hamburg einen Namen gemacht hat (Zum Beispiel Tumorchirurgie, Herzchirurgie und Neurologie/Neuro-Reha). Zudem ist es eines der wenigen verbliebenen konfessionellen Krankenhäuser in Hamburg. Das AKH hat eine "kleine Schwester", das Amalie-Sieveking-Krankenhaus. Die Diakonie als Unternehmen ("Immanuel Albertinen Diakonie") plant zudem, das Hamburger Marienkrankenhaus zu kaufen und einzugliedern, weshalb sie als Nicht-Asklepios-Konzern in Hamburg als Arbeitgeber eine Relevanz hat.

Das Albertinen liegt im Norden Hamburgs, im Stadtteil Schnelsen, der ziemlich unmittelbar an Schleswig-Holstein angrenzt. Man ist noch verhältnismäßig weit aus dem Rummel der Hansestadt weg. Die wichtigste ÖPNV-Anbindung ist die AKN (A1), eine Zugverbindung, die über Eidelstedt zu den S-Bahnen Hamburgs umsteigen lässt. Die AKN fährt zu den morgendlichen Stichzeiten meist im 10 min Takt, am Nachmittag aber erst alle 20 min. Zum Teil hat man dadurch nicht unerhebliche Wartezeiten, wenn man weiter zentrumnah unterkommt. Das sollte man bedenken, es fährt aber auch eine Buslinie bis vor die Einfahrt zum KH. Die Ticketpreise sind in Hamburg eher hoch, man kann eine vergünstigte Monatskarte über das Studentenwerk durch das UKE erhalten.

Für die Kommunikation mit der Klinik erhält man neben diesem HVV-Berechtigungsdokument auch eine temporäre E-Mail-Adresse und damit einen Zugang zur E-Learning-Platform Moodle, über die die Klinik sich dann im Vorfeld meldet. Das hat prinzipiell gut geklappt, es dauert aber etwas ehe das PJ-Portal sich über das UKE bei der Klinik meldet. Wichtig für alle externen Studenten, die nicht in der Uni Hamburg immatrikuliert sind: Nur über Moodle könnt ihr ein Logbuch für euer Tertial erhalten, diese sind nicht frei zum Download auf der Webseite des UKE! Das UKE selbst hat die Logbücher übrigens insofern quasi abgeschafft, als dass diese nicht eingesammelt werden müssen.

Die Organisation erfolgt über das Sekretariat der Ärztlichen Direktion sowie den PJ-Koordinator. Am ersten Tag des Tertials meldet man sich morgens in der Direktion und erhält dort eine Infomappe, ein DECT-Telefon, eine Schlüsselkarte sowie einen Spindschlüssel. Kleidung wird ebenfalls gestellt, diese hebt sich in den chirurgischen Fächern allerdings etwas vom Ärztlichen- oder Pflegepersonal ab. Kittel sind ein sehr seltener Anblick im Albertinen, daher vermisst man den nicht, falls man Kittel mag. Man erhält zudem einen Haufen Essensmarken (und separate Marken für einzelne 0,2 l Gläser Wasser die man dann überaus großzügigerweise zu seinem Mittagessen kostenfrei dazu beziehen kann, was ich und alle anderen PJ'ler ziemlich befremdlich fanden). Das Essen ist wirklich ziemlich in Ordnung, man hat freie Auswahl beim teureren Premiumessen, was man gratis bekommt und normalerweise stolze 7,50€ kosten würde.

Der erste Tag dient als Einführungstag, man geht dort noch nicht auf Station. Der freundliche PJ-Koordinator stellt sich vor und die Sekretärin führt die PJler durch die Klinik.

Rotation Allgemein & Viszeralchirurgie:
Die viszeralchirurgische Station ist die im Altbau liegende A4. Zumeist kommen weitere Stationen mit Außenliegern hinzu, sowie die Wahlleistungsstation im neuen Anbau. Insgesamt werden etwa +/- 20 Patienten stationär betreut. Im gesamten AKH ist das Spektrum tendenziell eher geriatrisch. Im Zentrum Ambulantes Operieren (ZAO) werden viele kleine Eingriffe durchgeführt, im Elektiven Aufnahmezentrum (EAZ) finden täglich Sprechstunden mit verschiedenen Schwerpunkten statt (z.B. Prokto-Sprechstunde, Darmkrebs...). Als PJler ist man vor allem auf der Station eingesetzt und arbeitet als unbezahlte Hilfskraft für die Stationsärzte. Weil die Rotation im Pflichttertial Chirurgie in der A&V-Chirurgie vom UKE mit 8 Wochen verpflichtend vorgegeben wird, gibt es für die A4 einen nahezu endlosen Strom an PJlern, was zu einigen eher unguten Konsequenzen führt.

Der Tag beginnt mit einer Frühbesprechung um 7:00h mit OP-Planung und Bildgebung, an der die PJler zuletzt "aus Infektionschutzgründen" nicht teilnehmen durften. Das bedeutet zunächst erstmal, dass man bei neuen Patienten und Elektiven nicht viel über die Patienten, ihre Erkrankungen und Therapiepläne erfährt. In der Zeit dieser Besprechung nimmt man also stattdessen natürlich Blut ab. Eigentlich gibt es auch Stationsassistent:innen, die für die Blutabnahmen zuständig sind, durch die Anzahl an PJlern wird das aber gerne weitergereicht bzw ignoriert und abgewartet, ob es nicht die Praktikantenschar übernimmt. Manchmal bekommt man aber auch viel Dankbarkeit entgegengebracht und macht es gerne, auch um Zeit rumzubringen.

OPs Allgemein/Viszeralchirurgie:
Im Anschluss folgt die Visite, welche mehr oder weniger chirurgisch-kurz ist, durch die Lauferei zu den Außenliegern aber z.T. auch langwierig werden kann. Parallel beginnen die OPs. Hier werden die PJler zum Assistieren/Hakenhalten oft im Computersystem verplant, weshalb man selbstständig prüfen sollte, ob man nicht gerade schon am Tisch stehen müsste. Sind die Blutabnahmen und Braunülen erledigt kann man aber fast immer auch nur "zum Gucken" in den OP gehen, wobei man aber dann nicht unbedingt am Tisch stehen kann. Das OP-Spektrum umfasst die volle Bauchchirurgie inklusive Whipple, den der Chefarzt ziemlich routiniert z.T. in unter 2 Stunden operiert. Wenn man es möchte, bekommt man also durchaus viel zu sehen. Wenn man Nähen möchte, ist man nicht unbedingt an der richtigen Adresse wenn der Chef oder seine Oberärzte operieren. In meinem gesamten Tertial habe ich viel viel Haken gehalten, aber nur vereinzelt mal auf Station Drainagen-Schnitte mit Z-Nähten oder Einzelknöpfen verschlossen. Mal eine Intrakutannaht machen, war zeitlich nicht drin (Wer weiß, vielleicht wurde mir das auch nicht zugetraut?). Die Ärzte waren jetzt auch nicht unfreundlich, aber meist war es ziemlich zielstrebiges Arbeiten und durch die große Zahl an PJlern die durch die Abteilung rotiert, ist das Interesse am Praktikanten und der Wille während OPs Lehre zu machen etwas geschmälert. Wenn man ehrliches Interesse zeigt, wird das aber erwidert. An dieser Stelle soll die Oberärztin Dr. B. nicht unerwähnt bleiben, die während der OPs wirklich ziemlich liebevoll mit uns PJlern umgegangen ist und sich immer bemüht hat, möglichst viel zu erzählen und Fragen zu beantworten. Auch Facharzt Dr. A. war wirklich immer klasse!

Stationsarbeit A4:
Die Stationsarbeit besteht aus Blutabnahmen, Braunülen, Bundesmedikationsplänen, Verbandskontrollen und Wechseln, Drainagen ziehen, tlw. Anspülen. Manchmal macht man auch ne Magensonde oder wechselt einen VAC-Verband auf Station. Während der Visite dokumentiert man am Visitenlaptop, jedoch basiert das Klinikum immer noch auf quälenden Planetten mit handschriftlichen Kurven und Anordnungen, die keiner lesen kann. In der Chirurgie ist das wohl noch möglich. Wegen diesem dualen System ist vieles am PC allein später nicht mehr nachvollziehbar, schlimmstenfalls schreibt man Arztbriefe oder muss AHB-Anmeldungen machen, in denen man ständig Informationsteile zusammensuchen muss, weil man die Patienten oft nicht gut genug kennt und die Dokumentation sehr verteilt und stückelig ausfällt. Während meiner Rotation waren zu viele PJler für zu wenig delegierbare praktische Tätigkeiten da, weshalb gegen Mittag zunehmend der Papierkram und die Langeweile überhand gewannen.

Ein wichtiger Wendepunkt war es, einen Spät+2/3 Nachtdienst zu machen. Da habe ich endlich auch mal in der Notaufnahme Patienten aufgenommen und untersucht, konnte etwas sonografieren und habe bei einer nächtlichen Not-Operation assistiert
Das hätte ich aus der Retrospektive viel viel früher machen sollen, denn da kann man wirklich was beitragen und wird auch schlichtweg gebraucht - das wäre also mein wärmster Tipp!

Im Zuge der Rotationen bin ich als nächstes in die Gefäßchirurgie gewandert. Unglücklicherweise habe ich mir zum Startpunkt auf der A5, der geteilten gefäßchirurgischen und urologischen Station dann erstmal Corona eingefangen und war 10 Tage außer Gefecht. Letztlich war das aber gottseidank kein Drama. Das Team ist prinzipiell freundlich, aber auch deutlich eingeschworener als das ständig durch Praktikanten aufgelockerte Allgemeinchirurgie-Team. Hat man es aber geschafft sich einzufinden, ist das Maß an Wertschätzung für die Unterstützung die man leistet ungleich viel höher als in der überlaufenen Allgemeinschirurgie. Die Assistenten und Fachärzte haben sich immer Zeit genommen mir Dinge zu erklären und zu zeigen, auch wenn manchmal wegen der reihum stattfindenden Durchseuchung mit Covid unter den Ärzten Stress aufkam.

Das Patientenklientel ist in der Gefäßchirurgie vor allem von atherosklerotischen Gefäßverschlüssen der unteren Extremität dominiert, oft einhergehend mit mikroangiopathischer Schädigung im kranialen Stromgebiet. Dadurch bleiben die Patientenkontakte trotz vieler elektiver "Arbeitsaufträge" spannend. Ich habe viel über das Management von komplexen Wunden gelernt, viel mit dem Doppler Verschlussdrücke gemessen, manchmal etwas sonografiert und immer wieder bei den OPs assistiert. Die OPs können mit Bleiweste und wiederholter Angiographie z.T. auch sehr langwierig werden, aber man bekommt wirklich alles erklärt was man fragt. Jeden Dienstag war darüber hinaus der Belegarzt Dr. N. und von 10-13 oder 14 Uhr konnte man als 1. Assistenz angiographisch/interventionell am Tisch stehen. Das war eine schnell ansteigende und erstmal überfordernd hohe Lernkurve, aber ich habe nach einigen Wochen ein Grundverständnis für die verschiedenen Katheter und Interventionsmöglichkeiten gewonnen, was wirklich cool war.


Alles in allem war mein Tertial in Ordnung, aber auch nur weil ich nach der langen Allgemeinchirurgie-Zeit noch in ein weniger PJler-dichtes Arbeitsumfeld rotiert bin. Der Ärger über die nicht-existente finanzielle Entlohnung in Hamburg ist bei mir ziemlich groß, ich finde nicht, dass es durch den PJ-Unterricht aufgewogen wird, wenn man letztlich durch Lebenshaltungskosten ein Minusgeschäft mit dem PJ im Albertinen macht. Aber das ist ein Großstadt-weites Problem in Deutschland und keineswegs Albertinen exklusiv. Gerade in der Chirurgie muss man also etwas auf seine Arbeitszeiten und die Mittagspause achten, damit man wenigstens davon profitiert, die Wassergutscheine umzusetzen.
Auf der inhaltlichen Ebene ist das Albertinen voll mit Personal, was einen als PJler schätzt und weiterbilden möchte und ich finde, das ist viel wert. Ich würde also insgesamt das Tertial Chirurgie dort empfehlen, man muss aber klug rotieren und schauen, dass man an den richtigen Stellen Gas gibt oder auch mal bremst ;)
Bewerbung
Problemlos über das PJ-Portal
Unterricht
2x / Woche
Inhalte
Repetitorien
Fallbesprechung
Sonst. Fortbildung
EKG
Tätigkeiten
Mitoperieren
Botengänge (Nichtärztl.)
Braunülen legen
Patienten untersuchen
Chirurgische Wundversorgung
Untersuchungen anmelden
Blut abnehmen
Notaufnahme
Rehas anmelden
Röntgenbesprechung
Briefe schreiben
Dienstbeginn
7:00 bis 8:00 Uhr
Dienstende
15:00 bis 16:00 Uhr
Studientage
Gar nicht
Tätigkeiten
Essen frei / billiger
Kleidung gestellt
Mittagessen regelmässig möglich

Noten

Team/Station
3
Kontakt zur Pflege
2
Ansehen des PJlers
2
Klinik insgesamt
3
Unterricht
1
Betreuung
3
Freizeit
2
Station / Einrichtung
3
Gesamtnote
3

Durchschnitt 2.67